In diesem Artikel erfährst du – klar, liebevoll und verständlich – was bei einem Wutanfall wirklich passiert, welche Ursachen dahinterstecken und warum diese Phase ein ganz normaler Teil der kindlichen Entwicklung ist.
Außerdem erhältst du Einsicht, warum dich diese Wutanfälle so stark „berühren“.
1. Was passiert bei Wutanfällen im Inneren deines Kindes?
Wutanfälle bei Kleinkindern wirken nach außen chaotisch – aber innerlich folgt er einer klaren Logik.
Dein Kind ist gerade in einer Phase, in der der Wunsch nach Selbstständigkeit rasant wächst. Gleichzeitig ist das Gehirn noch nicht reif genug, um große Emotionen selbst zu regulieren.
Das bedeutet:
👉 Dein Kind will, aber kann noch nicht.
Während eines Wutanfalls passiert Folgendes:
🔹 Das Nervensystem wird überflutet
Ein kleiner Auslöser – zu schnell, zu laut, zu viel – und das emotionale Zentrum im Gehirn übernimmt.
Der „vernünftige“ Teil des Gehirns wird zeitweise deaktiviert.
🔹 Sprache wird blockiert
Dein Kind kann dich im Wutanfall nicht verstehen.
Erklärungen, Logik oder Bitten erreichen es nicht.
🔹 Körper & Gefühle übernehmen die Kontrolle
Schreien, Weinen, Strampeln, Weglaufen oder sich auf den Boden werfen sind körperliche Ausdrucksformen, die zeigen:
„Ich bin überwältigt.“
Du kannst dir das wie ein inneres Gewitter vorstellen:
heftig, laut, unkontrollierbar – aber es zieht auch wieder ab.
Ein Beispiel aus dem Alltag
Ihr wollt das Haus verlassen. Dein Kind will die Schuhe selbst anziehen, schafft es aber nicht schnell genug. Du hilfst – und plötzlich explodiert es.
Von außen betrachtet wirkt das unlogisch.
Innen drin ist es absolut logisch:
- starker Autonomiewunsch
- Überforderung
- Bindungsstress (Gefühl: „Ich schaffe es nicht…“)
- Kontrollverlust
Wenn du diese Perspektive einnimmst, verändert sich deine Haltung sofort.
Du siehst nicht mehr das Verhalten –
du siehst das Bedürfnis.
2. Die häufigsten Ursachen für Wutanfälle (auch wenn sie harmlos aussehen)
Es ist entlastend zu wissen:
Die meisten Wutanfälle von Kleinkindern sind keine Erziehungsprobleme.
Sie sind biologische Reaktionen auf Stress, Überforderung oder starke Gefühle.
Hier die häufigsten Ursachen – liebevoll erklärt:
- Körperliche Überforderung
- Hunger
- Müdigkeit
- Reizüberflutung
- zu viele Eindrücke, zu wenig Pausen
Ein übermüdeter oder hungriger Körper reagiert schneller mit emotionaler Überlastung.
- Emotionale Überforderung
Kleinkinder erleben Gefühle pur – ohne Filter.
Traurigkeit wird zur Verzweiflung, Frust wird zu Wut, ein „Nein“ fühlt sich an wie Weltuntergang.
- Übergänge
Von Spielen → Anziehen
Von Kita → Auto
Von Spaß → Pflicht
Übergänge sind für Kleinkinder schwer.
Ihr inneres System braucht länger, um umzuschalten.
- Autonomiewunsch („Ich will das selber machen!“)
Ein Klassiker.
Dein Kind will:
- entscheiden
- ausprobieren
- gestalten
Aber: Der Wille ist stärker als die Fähigkeiten.
Frust entsteht automatisch.
- Bindungsstress
Wenn du gestresst bist, eilig bist oder innerlich nicht ganz da bist, verliert das Kind seinen „sicheren Hafen“ für einen Moment.
Dann reagiert es mit Widerstand oder Wut.
Ein kurzer Gedanke, der Eltern oft entlastet
Wutanfälle sind kein Zeichen von „schlechter Erziehung“.
Sie sind ein Zeichen von Entwicklung.
3. Was Wutanfälle in dir als Elternteil auslösen können
Wutanfälle berühren selten nur das Kind.
Sie berühren auch dich.
Und das ist wichtig, darüber zu sprechen – ohne Scham, ohne Bewertung.
Viele Eltern erleben im Kontakt mit der kindlichen Wut:
- Überforderung
- Ohnmacht
- Wut oder Genervtsein
- Schuldgefühle
- das Gefühl, beobachtet oder beurteilt zu werden
- innere Stimmen wie „Ich schaffe das nicht“
Manchmal werden auch alte eigene Kindheitsmuster aktiviert.
Vielleicht kennst du Sätze wie:
„Reiß dich zusammen!“
„Jetzt hör sofort auf!“
„Das macht man nicht!“
Wenn du als Kind mit deinen Emotionen alleine warst, kann die Wut deines Kindes heute besonders schwer auszuhalten sein.
Hier gilt:
👉 Du bist nicht falsch.
👉 Du reagierst menschlich.
👉 Du darfst lernen, damit sanft umzugehen.
Gelassenheit ist nichts Angeborenes.
Gelassenheit ist etwas, das entsteht, wenn du dich selbst besser verstehst und dich auch liebevoll sehen kannst.
4. Warum Wutanfälle ein Zeichen von gesunder Entwicklung sind
So unangenehm die Wutanfälle sind – sie sind wichtig.
Dein Kind zeigt dir in diesen Momenten:
- „Ich bin eine eigene Person.“
- „Ich will Einfluss auf die Welt nehmen.“
- „Ich teste meine Grenzen.“
- „Ich wachse.“
Die sogenannte Trotzphase ist in Wahrheit eine Autonomiephase.
Eine Zeit voller Entwicklungsschritte:
- Wille
- Ich-Gefühl
- Frustrationstoleranz
- Selbstwirksamkeit
- Bindungssicherheit
Ein Kind, das wütend sein kann, lernt zu fühlen.
Ein Kind, das wütend sein darf, lernt zu vertrauen.
5. Wie du aus innerer Verbundenheit gelassen bleiben kannst
Dein Kind braucht während eines Wutanfalls nicht deine Erziehung, sondern deine Gegenwart.
Das bedeutet:
🔹 Du musst weniger tun, als du glaubst.
- nicht belehren
- nicht argumentieren
- nicht „durchsetzen“
- nicht beruhigen wollen
- nicht verhindern wollen
🔹 Du darfst einfach DA sein.
Mit deiner Ruhe.
Mit deinem Atem.
Mit deiner Klarheit.
Wenn du in dir verbunden bist, spürt dein Kind:
„Mama/Papa bleibt bei mir, auch wenn mein Gefühl groß ist.“
Und genau das beruhigt ein Kleinkind. Es braucht oft keine Worte, dein Kind kann dich gar nicht hören in diesem Gefühlssturm. In der Stille klären sich die Wogen.
Ein Beispiel:
Das Kind schreit.
Du bleibst ruhig in der Nähe.
Du sagst sanft: „Ich bin da, mein Schatz.“
Du wartest.
Du atmest.
Du bleibst bei dir.
Das Kind will noch nicht mal Körperkontakt.
Spür rein: Nach wenigen Minuten kommt das Kind zur Ruhe, sieht das Kind dich wieder an – der Kontakt kehrt zurück.
Das ist der Moment der Heilung.
Hier entsteht Bindung.
Hier entsteht Vertrauen.
Schon IN der Turbulenz und danach.
6. Was kannst du konkret tun, wenn ein Wutanfall beginnt?
Hier kommt das, was viele Eltern beruhigt:
👉 Du musst den Wutanfall nicht stoppen.
👉 Du musst ihn nur begleiten.
Was wirklich hilft:
- Atme zuerst selbst.
- Bleib körperlich in der Nähe.
- Sei ruhig und klar.
- Sprich wenig – Worte überfordern in der Überflutung.
- Halte die Grenze („Wir gehen nicht über die Straße“).
- Halte die emotionale Verbindung („Ich bin bei dir“).
Was NICHT deine Aufgabe ist:
Gefühle schnell beenden oder beruhigen. Denn damit stoppst du die Gefühle, du „willst“ etwas von deinem Kind, es darf damit seinen Flow nicht leben und fühlt sich nicht gesehen und geliebt. Außerdem dauert der Anfall länger, wenn du das versuchst. Es gilt hier loszulassen vom „Wollen“. Wollen verursacht Druck und ist aus meiner Sicht schon eine Form von Gewalt.
Also auch nicht:
- gute Laune herstellen
- das Kind „ablenken“
- das Kind anschreien, bestrafen
- den Anfall bagatellisieren oder überhöhen
- alles perfekt machen
Dein Kind braucht nicht perfekte Eltern.
Es braucht verbundene Eltern.
Und Verbundenheit entsteht aus deiner inneren Stabilität – nicht aus vielen Strategien.
7. Dein nächster kleiner Schritt
Wenn du spürst, dass die Wutanfälle deines Kindes dich emotional herausfordern, heißt das nicht, dass du versagst.
Es bedeutet nur, dass dein Nervensystem genauso Unterstützung verdient wie das deines Kindes. Weil du vielleicht als Kind genau das erlebt hast, was ich oben unter „so nicht“ beschrieben habe.
Deine Eltern wussten es nicht besser, aber du wirst bewusster und änderst das jetzt.
Wenn du das willst, begleite ich dich genau auf diesem Weg – damit du Schritt für Schritt die innere Verbindung zu dir selbst stärken kannst.
Damit du dein Kind klarer siehst, sicherer begleitest und mit mehr Ruhe in deinem Familienalltag bist.
Zum Starten:
Wenn du möchtest, kannst du dir hier mein kostenloses 3-Minuten-Video holen, das dir hilft, in stressigen Momenten sofort wieder bei dir anzukommen. Auch in meinem Yoga für Eltern üben wir genau das: die Verbindung zu deinem Körper wieder zu finden.
Weitere Blogbeiträge folgen in Kürze. Wenn ein neuer Beitrag erscheint, bekommst du als erste / erster Nachricht über den Newsletter oder bei Instagram. Die links findest du am Ende der Seite.
Ich danke dir für dein Vertrauen und freue mich, wenn du wieder vorbeischaust.
